RNA-Biologie

Prof. Jörg Vogel studierte Biochemie an der Humboldt Universität zu Berlin und am Imperial College, London. 1999 folgte die Promotion am Institut für Biologie der HUB (Prof. Thomas Börner) zum Spleissen plastidärer Gruppe-II-Intronen. Danach war er als Postdoc an der Uppsala Universität in Schweden (2000-2001), und als EMBO Fellow an der Hebräischen Universität Jerusalem in Israel (2002-2003) tätig. Im Mittelpunkt dieser Arbeiten standen die Suche nach neuen nichtkodierenden, regulatorischen RNAs in Escherichia coli und anderen Bakterien. Seit Sommer 2004 leitet er eine Selbständige Nachwuchsgruppe am MPl für Infektionsbiologie, und ist kürzlich zum Leiter des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg berufen worden.

Schwerpunkte der Arbeit

  • Suche und funktionelle Charakterisierung nichtkodierender RNAs (sRNAs) in pathogenen Bakterien
  • Funktionen von sRNAs in Wirts-Parasit-Wechselwirkungen

Überblick

Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass RNA-Moleküle weit mehr biologische Funktionen haben als zuvor angenommen. Traditionell schrieb man der RNA zwei grundlegende Rollen in der Zelle zu, nämlich a) als Botenstoff der Erbinformation in Form von mRNAs, oder als genetisches Material bestimmter Viren, und b) als essentieller Bestandteil der Proteinsynthesemaschinerie, der Ribosomen; hier als tRNA und ribosomale RNA. Dass RNA selbst wie Enzyme katalytisch aktiv sein kann, und dass kleine, nichttranslatierte RNAs andere wichtige Funktionen in der Zelle, z.B. beim Spleissen von mRNAs haben, ist schon länger bekannt, ebenso dass nichtkodierende RNA-Moleküle selbst als Regulatoren der Genexpression fungieren können. Dennoch schienen sich solche regulatorischen Funktionen hauptsächlich auf bakterielle Plasmide, Phagen oder Transposons zu beschränken.

Das änderte sich jedoch spätestens 2001, als systematische Suchen in Bakterien und höheren Lebewesen einen ganzen Mikrokosmos an nichtkodierenden kleinen RNAs zutage förderten. Ungefähr gleichzeitig gewann die Anwendung kleiner RNAs für das gezielte Ausschalten von Genen in höheren Organismen (RNA Interferenz) an Fahrt.

Waren bis dahin im Modellbakterium Escherichia coli nur zehn kleine nichtkodierende RNAs (sRNAs) bekannt gewesen, stieg deren Zahl binnen kürzester Zeit auf nun über 60. Weitere hunderte sRNAs sind bisher vorausgesagt, müssen allerdings noch verifiziert werden. Die Funktion der meisten neuen sRNAs ist noch unbekannt, doch vieles weist darauf hin, dass sie eine neue Klasse von Regulatoren in bakteriellen Stressantworten bilden.

Nichtkodierende RNAs in pathogenen Bakterien

Bisher sind nur wenige sRNAs in pathogenen Bakterien beschrieben worden, und im Unterschied zu den systematischen Suchen im nicht pathogenen E.coli-Stamm K12, wurden sie zumeist durch Zufall entdeckt. Entsprechend wenig ist auch zu ihrer Funktion bekannt. Allerdings beruhte die erfolgreiche Suche in E.coli grösstenteils darauf, dass die Gene solcher sRNAs sehr oft auch in engverwandten pathogenen Enterobakterien, wie etwa Salmonella-, Klebsiella- und Yersinia-Spezies, konserviert sind, somit diese Moleküle auch hier eine wichtige Rolle spielen dürften.

Im Mittelpunkt der Forschungsgruppe „RNA-Biologie“ steht die funktionelle Charakterisierung von sRNAs mit Hinblick auf die bakterielle Virulenz und die Wechselwirkung pathogener Bakterien mit den befallenen Wirtszellen. Dabei wenden wir ein ganzes Spektrum molekularer, biochemischer und genetischer Methoden sowie Bioinformatik an. Da bisher nur in einigen wenigen Fällen tiefergehend untersucht wurde, wie solche kleinen RNAs regulatorisch in die bakterielle Genexpression eingreifen, sind wir besonders an den molekularen Mechanismen der Regulation interessiert.

Nichtkodierenden RNAs in Eukaryonten

Neben bakteriellen RNAs, die für die Interaktion mit dem Wirt wichtig sein könnten, sind wir auch an nichtkodierenden RNAs auf der eukaryontischen Seite interessiert. Hier suchen und charakterisieren wir insbesondere microRNAs und andere RNAs in Bereich von 20 bis 30 Nukleotiden, die für die Abwehr von bakteriellen Infektionen wichtig sein könnten.

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