„Eine tolle neue Arbeitsumgebung“

Interview mit dem neuen MPIIB Forschungsgruppenleiter Mark Cronan

6. März 2020
Ein knappes Jahr nach dem Auswahlsymposium hat Mark Cronan seine Arbeit als dritter neuer Forschungsgruppenleiter am MPIIB aufgenommen. Als Postdoc an der Duke University im Team von David Tobin hat er Tuberkulose-Granulome in Zebrafischen untersucht. Jetzt bringt er seine Forschung an das MPIIB. Im Interview verrät Mark Cronan, wie man Zebrafische und Katzen über den Atlantik transportiert und warum er eine Lungenkrankheit an Fischen erforscht.

Wie sieht Ihre To-do-Liste für die nächsten Monate aus?

Ich muss vor allem meine Zebrafische in mein neues Labor überführen – das steht ganz oben auf meiner Liste. In den kommenden Monaten wird es beim Aufbau meines Labors sehr viel um die Zebrafische gehen. Meine erste Doktorandin wird wahrscheinlich im Oktober ihre Arbeit aufnehmen. Hoffentlich sind wir dann soweit, dass wir mit den Experimenten anfangen können und uns nicht mehr mit logistischen Problemen herumschlagen müssen.

Wie läuft so ein interkontinentaler Zebrafisch-Transport ab?

Die Fischeier sind robust, man kann sie einfach in einem Behälter mit Wasser verschicken. Die Fische schlüpfen erst nach ein paar Tagen, also hat man etwas Zeit für den Transport. Meine aktuelle Liste umfasst etwa 40 Linien. Ich werde also schon bald sehr viel Platz im Quarantänebereich des Instituts beanspruchen, aber ich denke, dass wir diesen Prozess recht zügig abschließen können.

Ist dies Ihr erster Umzug von den USA ins Ausland?

Als Kind habe ich mit meiner Familie ein Jahr lang in Australien gelebt, aber das ist schon lange her.  Der Umzug nach Berlin ist also mein erster Auslandsumzug als Erwachsener. Meine Partnerin und ich freuen uns sehr darauf, hier länger zu bleiben. Wenn man für Konferenzen oder im Urlaub nach Europa kommt, gibt es immer so viel zu tun. Man schafft es nie, all die Orte zu besuchen, die man eigentlich sehen möchte. Ich würde zum Beispiel sehr gerne nach Slowenien reisen und überhaupt mehr von Europa sehen, dazu bin ich bisher noch nicht gekommen.

Mit dem ganzen Haushalt von den USA nach Deutschland zu ziehen ist wahrscheinlich komplexer, als nur die Zebrafische umzusiedeln.

Ja, die letzten beiden Wochen vor dem Umzug waren etwas chaotisch, aber wir haben es doch geschafft, alles hier herzubringen. Das Gute ist ja, dass wir nicht die ersten sind, die von den USA nach Europa ziehen. Es gibt bereits viel Infrastruktur und Unterstützung. Am meisten Sorgen hatten wir wegen unserer Katzen, aber sie haben den Flug sehr gut vertragen. Die beiden haben 14 Stunden im Flugzeug erstaunlicherweise locker weggesteckt.

Was wird Ihr Forschungsschwerpunkt am MPIIB sein?

Schwerpunkt meiner Forschung ist die Tuberkulose. Vor allem das Tuberkulose-Granulom, eine Ansammlung von Immunzellen, welche sich bei einer Tuberkuloseinfektion bildet. Mich interessiert, was die Entstehung dieser Zellansammlung verursacht und vorantreibt. Wir erforschen dies an Zebrafisch-Modellen und infizieren die Fische mit Myobacterium marinum, einem sehr engen Verwandten des Tuberkuloseerregers. Man weiß, dass Fische, die mit diesem Erreger infiziert wurden, Granulome bilden, ähnlich wie menschliche Tuberkulosekranke. Einer der größten Vorteile von Zebrafischen ist, dass die Embryos durchsichtig sind. Das ist super für die Arbeit am Mikroskop, denn man kann am lebenden Fisch  beobachten wie sich Infektionen entwickeln und sogar sehen, wie Bakterien von Immunzellen verfolgt werden.

Ihr zweites Forschungsgebiet werden Wirt-orientiere Therapien sein. Welche Rolle spielt die Translation von Forschungsergebnissen für Ihre Arbeit?

Wir erforschen eine Lungenkrankheit an Tieren, die anstatt einer Lunge Kiemen haben. Immer wieder wird uns darum die Frage gestellt, ob unsere Arbeit wirklich von Bedeutung für Patienten ist. Uns ist es sehr wichtig zu zeigen, dass das, was wir an Fischen entdecken, auch für Menschen gilt. Glücklicherweise wurden schon einige Ergebnisse aus der Tuberkuloseforschung an Zebrafischen erfolgreich in die klinische Forschung am Menschen übertragen. Aktuell laufen mehrere klinische Studien, die auf Daten aus Zebrafisch-Mycobacterium marinum-Modellen beruhen.

Wenn wir vielversprechende Beobachtungen bei den Fischen machen, werden wir die Ergebnisse wahrscheinlich zunächst auf ein Säugetiermodell, wie zum Beispiel die Maus, übertragen. Langfristig möchten wir aber mit Kollegen in der klinischen Forschung kooperieren, um unsere Beobachtungen aus den Zebrafischen direkt an Patienten zu überprüfen.

Was gefällt Ihnen an der Wissenschaft?

Mit am meisten gefällt mir, wie aufregend es ist und dass man sich als Entdecker fühlt. Es ist sehr spannend, etwas Neues zu sehen, einen Prozess zu beobachten und sich dazu neue Experimente einfallen zu lassen.

Toll ist auch der kooperative Ansatz. Es ist spannend, Ideen im Gespräch mit Kollegen Form zu geben und die eigene Arbeit einer größeren Community vorzustellen.

Eine letzte Frage: Halten Sie auch zu Hause Zebrafische?

Als Kind hatte ich mal ein Aquarium, aber später nicht mehr – die Katzen würden sich wohl sofort darüber hermachen. Außerdem sehe ich auch so tagtäglich genug Zebrafische.

Das Interview führte Christian Denkhaus

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