Geschichte des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie
Das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie wurde im Jahr 1992 gegründet, es war damit eines der ersten Max-Planck-Institute in den neuen Bundesländern. Als Gründungsdirektor wurde Stefan H. E. Kaufmann an das Institut berufen, 1994 folgte Thomas F. Meyer. Nach einigen Jahren in provisorischen Laborräumen in der Monbijoustraße, konnte im Jahr 2000 der Institutsneubau auf dem Campus Mitte der Charité – Universitätsmedizin Berlin bezogen werden. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch der dritte Direktor des Instituts, Arturo Zychlinsky, berufen. Zusätzlich wurden Forschungsgruppen, wie die bis heute bestehende Gruppe von Elena Levashina, eingerichtet. Im Zuge der Emeritierung der Direktoren Kaufmann und Meyer in den Jahren 2019 und 2020, berief die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) acht neue Forschungsgruppen. Diese Vielfalt prägt seitdem das Profil des Instituts.
Ein neues Institut entsteht
Am 13. März 1992 beschloss der Senat der MPG die Neugründung des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie. Der Forschungsschwerpunkt des Instituts sollte auf den Interaktionen zwischen Wirt und Erreger liegen und dabei auch Infektionskrankheiten in den Fokus nehmen, die durch Bakterien, Pilze und andere Einzeller verursacht werden. Bereits bei der Gründung strebte die MPG eine enge Vernetzung mit Kliniken und Forschungsabteilungen an Universitäten an. Dies gab den Ausschlag für die Wahl des Standorts: den Campus des traditionsreichen Universitätsklinikums Charité, das auf dem Gebiet der ehemaligen DDR im Zentrum von Berlin liegt.
Ein Standort mit Geschichte
Die Geschichte der Charité ist eng verbunden mit der Erforschung und Behandlung von Infektionskrankheiten. Angesichts einer sich ausbreitenden Pestepidemie wurde sie 1710 als Quarantänestation und Lazarett gegründet – damals noch weit vor den Toren Berlins. Im 19. Jahrhundert wurde die Charité an die Humboldt-Universität angegliedert. Damit begann eine wichtige Ära der medizinischen Forschung. Mediziner wie Rudolf Virchow und Robert Koch verknüpften mit neuen Ansätzen medizinische und naturwissenschaftliche Fragestellungen. Ihre Arbeiten führten zu bahnbrechenden Ergebnissen in der Infektionsforschung: Viele Erreger wurden erstmals beschrieben, beispielsweise die damals in Europa grassierende Tuberkulose, und Forschende entwickelten neue Behandlungsmöglichkeiten und Hygienemaßnahmen. Das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie sollte fast hundert Jahre später in dieser historischen Umgebung entstehen.
Hindernisse beim Bau
Die Lage auf dem historischen Campus stellte hohe Anforderungen an die Architekt*innen. So zwang die enge Begrenzung des Grundstücks zu einer Verdichtung der einzelnen Abteilungen innerhalb des Gebäudes. Der Baugrund war wegen der Nähe zur Spree und der weiche Sandböden des Berliner Urstromtals ebenfalls problematisch und erforderte eine aufwändige Unterkonstruktion mit bis zu 32 Meter langen Betonstützen. Darüber hinaus musste sich die Fassadengestaltung in das denkmalgeschützte Ensemble des Campus einfügen. Das Architekturbüro Deubzer & König überzeugte schließlich durch seinen Entwurf eines Institutsgebäudes mit großer Eingangshalle und angesetztem Laborbereich mit Lichthof.
Bereits vor Fertigstellung des Institutsgebäudes nahmen die Abteilungen Kaufmann und Meyer erste Forschungsarbeiten auf. Bis zum Umzug wurden die Experimente in provisorischen Laboren in der Monbijoustraße, gegenüber der Museumsinsel, durchgeführt.
Infektionen und Immunität: Die Abteilungen des Instituts
Stefan H. E. Kaufmann (Direktor von 1993 bis 2019) leitete die Abteilung Immunologie, in der er die Interaktion zwischen Tuberkuloseerreger und seinem menschlichen Wirt erforschte. Tuberkulose war zum Zeitpunkt der Institutsgründung die tödlichste Infektionskrankheit der Welt. An diesem Fakt hat sich bis heute nicht viel geändert, im Jahr 2022 war nur COVID-19 tödlicher. Der Fokus von Kaufmanns Forschung lag auf der Entwicklung eines verbesserten Tuberkulose-Impfstoffes, der inzwischen kurz vor der Zulassung steht.
Mit seiner Abteilung Molekulare Biologie erforschte Thomas F. Meyer (Direktor von 1994 bis 2020) die Wechselwirkung zwischen Krankheitserregern und Wirtszellen. Im Zentrum der Forschung stand dabei die Rolle bakterieller Krankheitserreger bei der Krebsentstehung und der Entwicklung sogenannter wirtsgerichteter Therapien.
Arturo Zychlinsky wurde 2001 als dritter Direktor an das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie berufen und leitet es bis heute. Mit seiner Abteilung Zelluläre Mikrobiologie untersucht er die mögliche Immunfunktion von DNA und DNA-assoziierter Proteine. Schwerpunktthema ist ein von der Forschungsgruppe entdeckter Verteidigungsmechanismus weißer Blutkörperchen, die sogenannten "Neutrophil Extracellular Traps".
Die vierte Direktorin, Emmanuelle Charpentier (Direktorin von 2015 bis 2018), Mitentwicklerin der Genschere CRISPR-Cas9, gründete 2018 die Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Ihre Forschungsstelle arbeitet im gleichen Gebäude wie das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, die Institute sind jedoch administrativ voneinander unabhängig.
Forschungsgruppen im Laufe der Zeit
Im Lauf der Institutsgeschichte wurden zahlreiche kleinere Forschungsgruppen etabliert, darunter die Gruppe von Thomas Rudel (von 1997 bis 2008), Mark Achtman (von 1998 bis 2008), Jörg Vogel (von 2004 bis 2010), Hedda Wardemann (von 2006 bis 2015), Kai Matuschewski (von 2009 bis 2015) und Anca Dorhoi (von 2015 bis 2017) sowie eine Seniorgruppe unter Fritz Melchers (von 2003 bis 2016). International wurde zudem mit den Partnergruppen von Thumbi Ndung’u und Alex Sigal (beide von 2012 bis 2021) in Südafrika kooperiert.
Die im Jahr 2011 von Elena Levashina gegründete Forschungsgruppe Vektorbiologie wurde verstetigt und ist bis heute Teil des Instituts. Sie erforscht die Rolle des Moskitoimmunsystems bei der Entwicklung von Malariaparasiten. Mit Labor- und Feldstudien möchte Levashina entschlüsseln, wie Umwelt, Moskito, Parasit und Mensch bei der Ausbreitung von Malaria zusammenwirken.
Ein neues Konzept für das Institut
Mit der Emeritierung der Direktoren Kaufmann und Meyer in den Jahren 2019 und 2020, entwickelte die Generalverwaltung der MPG gemeinsam mit der Institutsleitung ein neues Konzept für das Institut. Im Zuge dessen wurden zwischen 2017 und 2022 sechs Forschungsgruppen, eine Lise-Meitner-Forschungsgruppe und eine Max-Planck-Fellow berufen. Die sechs Forschungsgruppen sind auf fünf Jahre mit der Option auf Verlängerung befristet – sie werden von Igor Iatsenko, Felix M. Key, Olivia Majer, Marcus Taylor, Matthieu Domenech de Cellès und Mark Cronan geleitet. Silvia Portugal ist Lise-Meitner-Gruppenleiterin, ihre Forschungsgruppe ist ebenfalls befristet, jedoch mit der Option auf Verstetigung. Zuletzt wurde Simone Reber für fünf Jahre als Max-Planck-Fellow an das Institut berufen. Informationen zu den Forschungsgruppen finden Sie auf dieser Website unter „Forschung“. Die Forschungsfelder der Gruppen decken weite Bereiche von Mikrobiologie, Immunologie, Molekularbiologie bis hin zu Epidemiologie ab – ihre vielfältigen Perspektiven auf Infektionsbiologie prägen heute das Institut.