"Quarantäne ohne Ausnahme"
Interview zur Lage in Kolumbien mit Tandemgruppenleiter Frank Avila
COVID-19: Auch Wissenschaftler und Wissenschaftler*innen sind von der Pandemie und den Gegenmaßnahmen stark betroffen. Wir haben unsere internationalen Kooperationspartner kontaktiert um nachzufragen, wie die Situation ihre Arbeit beeinflusst und wie sie mit der Krise umgehen. Dieses Interview ist der erste Teil einer Reihe von Berichten aus den Tandem- und Partnergruppen des MPIIB.
"Vor etwa zwei Wochen hat die Regierung damit begonnen, alle Geschäfte und Einrichtungen zu schließen und Flüge einzuschränken. Für uns war das der Hinweis, dass bald eine strikte Quarantäne für alle Einwohner folgen wird. An dem Punkt haben wir angefangen unsere Laborarbeit herunterzufahren - vor anderthalb Wochen kam dann die allgemeine Quarantäne.
Praktisch bedeutet die Quarantäne, dass wir unsere Wohnungen nicht verlassen dürfen. Nur eine einzige Person pro Haushalt kann nach draußen gehen, um zum Beispiel Lebensmittel einzukaufen. Die Isolation wird von der Polizei durch Geldstrafen und unter Androhung von Haftstrafen durchgesetzt.
Das bedeutet auch, dass wir nicht ins Labor gehen dürfen: Ohne Ausnahme! Als klar wurde, wohin die Reise geht, haben wir unser Labor komplett runtergefahren. Jetzt warten wir ab. Trotzdem haben wir noch Glück: Wir arbeiten vor allem mit Aedes aegypti [Gelbfiebermücke] und Aedes albopictus [Tigermücke]. Die Eier der beiden Spezies können für mehrere Monate aufbewahrt werden, ohne dass man sich um sie kümmern muss. Wir haben Eier für alle Moskitostämme im Labor gelagert. So sind wir zumindest für die nächsten Monate sicher. Danach wird es aber schwierig, weil die Larven irgendwann schlüpfen. Bei der aktuellen Prognose sollten wir aber keinen unserer Stämme verlieren. In dieser Hinsicht haben wir großes Glück – unsere Moskitos brauchen keine permanente Pflege, wie z.B. Fruchtfliegen.
Theoretisch ist die Quarantäne hier noch für zwei Wochen angesetzt. In Kolumbien kann sich die Lage aber schnell ändern. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir auf jeden Fall zu Hause bleiben. Die Behörden nutzen die letzte Nummer im Personalausweis, um den Tag zu bestimmen, an dem man das Haus verlassen darf. Ich darf immer dienstags und freitags für eine Stunde vor die Tür. Wie gesagt, meine Arbeit ist gerade stark reduziert: Wir schreiben an ein paar Publikationen, es gibt einen regelmäßigen Journal-Club und ich gebe einmal pro Woche einen Online-Kurs für Studierende – das war's auch schon.
Es wäre schön, wenn wir zumindest bei den Corona-Tests helfen könnten. In den letzten Wochen wurden Wissenschaftler gebeten, Geräte zu spenden, und es wurden Listen mit Forschenden erstellt, die für die Tests zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wurden aber bis jetzt keine weiteren Schritte unternommen. Ich hoffe, dass wir irgendwann zumindest ins Labor gehen und mit den Tests beginnen können. Alles wäre besser, als in der Quarantäne den ganzen Tag zu Hause zu verbringen.“