Welt-Malaria-Tag 2024
Überwachung von Medikamenten-Resistenz bei Malariaparasiten

Eine Nord-Süd-Forschungskooperation hat sich die genetische Überwachung von Malariaparasiten zum Ziel gesetzt

25. April 2024

Der Fortschritt bei der Eindämmung von Malaria ist in Gefahr. Im Jahr 2022 erkrankten fast 250 Millionen Menschen an Malaria und über 600.000 Menschen starben an der Infektion. Mit dem Welt-Malaria-Tag am 25. April wird seit 2007 auf die Krankheit aufmerksam gemacht sowie auf Hürden und Erfolge bei ihrer Bekämpfung. Die Wissenschaftler*innen Jason Hendry und Mulenga Mwenda wollen mit ihrer Forschung ein akutes Problem der Malariabekämpfung lösen: In afrikanischen Ländern breiten sich Malariaparasiten aus, die Resistenzen gegen gängige Medikamente entwickelt haben.

Eigentlich gab es Grund für Optimismus bei der Bekämpfung von Malaria. Neue Medikamente und mit Insektiziden behandelte Moskitonetze zeigten erste Erfolge: Seit den 2000er Jahren führte diese Kombination zu einem langsamen, aber stetigen Rückgang der Infektionen und Todesfälle. Diese Fortschritte sind jedoch ins Stocken geraten, denn Malariaparasiten passen sich den Bekämpfungsstrategien an. Aus Südostasien breitet sich beispielsweise eine Parasitenform aus, die gegen das gängige Malariamedikament Artemisinin resistent ist. Vor allem in afrikanischen Ländern sind die Resistenzen ein Problem. Dort ist die Krankheitslast am höchsten und der Parasit am tödlichsten.

Die Resistenzen erfordern neue Ansätze bei der Malariabekämpfung – Ansätze wie sie Jason Hendry vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin (Portugal Lab) und Mulenga Mwenda von der gemeinnützigen Organisation PATH in Lusaka, Sambia erforschen. Die Wissenschaftler*innen haben eine neue Methode entwickelt, mit der sie aus dem Blut von Malariapatient*innen Informationen über das Parasitenerbgut gewinnen können. So will das Team gleich mehrere Ziele erreichen: die Ausbreitung von Malariaparasiten überwachen und afrikanischen Wissenschaftlern mobile und kostengünstige Methoden an die Hand geben, die in Laboren vor Ort eingesetzt und weiterentwickelt werden können.

Resistenzen gegen Medikamente aus dem Parasitenerbgut auslesen

 „Der weit verbreitete Einsatz von Medikamenten setzt die Malariaparasiten unter Druck, Resistenzen zu entwickeln“, erklärt Jason Hendry, der das Projekt zusammen mit Kolleg*innen von der Universität Oxford im Jahr 2019 initiiert hat. Aus Sicht des Teams um Hendry und Mwenda ist es essentiell zu wissen, wo sich resistente Parasiten befinden. Nur so können Maßnahmen ergriffen werden, um ihre Ausbreitung zu verhindern.

Ob ein Parasit gegen ein Medikament resistent ist, lässt sich anhand seines Erbguts feststellen. Die DNA-Sequenzierung, wie das Auslesen des Erbguts genannt wird, konnte bislang nur in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden. Das erforderliche Fachwissen und die dazugehörige Technologie sind teuer. Aus diesem Grund müssen Labore in vielen afrikanischen Ländern ihre Proben ins Ausland verschicken. Bis die Ergebnisse vorliegen, ist wertvolle Zeit verstrichen. Zeit, die genutzt werden könnte, um Maßnahmen gegen die Ausbreitung resistenter Parasiten zu ergreifen. „Wenn man nicht weiß, was los ist, kann man das Problem möglicherweise noch verschlimmern, indem man Medikamente in einem Gebiet einsetzt, in dem es bereits Resistenzen gibt. Wir müssen uns der Geschwindigkeit des Parasiten anpassen, sonst geraten wir ins Hintertreffen“, sagt Hendry.

Parasiten-Erbgut auslesen: Kompakt, kostengünstig und schnell

Mwenda und Hendry haben eine Methode für die DNA-Sequenzierung von Malaria entwickelt, die vor Ort innerhalb von drei Tagen Informationen über Resistenzen liefern kann. Dabei kommt das „MinION“ zum Einsatz: Ein Gerät zur DNA-Sequenzierung, das nicht größer als ein Smartphone ist und nur 1000 € kostet – es ist damit über hundertmal billiger als klassische Sequenziergeräte. Ein einzelner Tropfen Blut von Malariapatient*innen enthält genug Parasiten, um mit dem Gerät deren Genom auszulesen. Das „MinION“ wurde 2015 von Oxford Nanopore Technologies auf den Markt gebracht und basiert auf dem Konzept des sogenannten Nanopore-Sequencings. Dabei wird die DNA durch eine winzige Pore geleitet und Baustein für Baustein ausgelesen.

Der Nachweis von Resistenzen im Erbgut von Malariaparasiten erfordert jedoch viel mehr Schritte, darunter die Vorbereitung von Blutproben im Labor und eine umfangreiche Datenanalyse. Seit 2019 arbeitet Hendry daher zusammen mit Forschenden in mehreren afrikanischen Ländern wie Sambia, Nigeria und Kenia, um die Methode anzuwenden und zu verbessern. So wollen sie Forschung und Umsetzung in einem gemeinsamen Prozess verbinden. „Es ist wichtig, die Technologie und das Wissen an die Forschenden vor Ort weiterzugeben, damit sie mehr Verantwortung für die Daten und den eigentlichen Prozess übernehmen. So können die Ergebnisse auch schneller in Malariakontrollprogramme integriert werden“, erklärt Hendry.

Unerlässliche Nord-Süd-Kooperationen

Nord-Süd-Kooperationen sind für diesen Ansatz unerlässlich. „In Deutschland, Großbritannien oder den USA gibt es keine Malaria, aber viel technisches Know-how“, betont Hendry. „Forschende in Afrika hingegen haben ein viel besseres Verständnis des epidemiologischen Kontextes, der Geografie und der Probleme und Prioritäten vor Ort – sie verstehen die Krankheit besser als wir es jemals könnten.“

Laut Hendry sollte langfristig jedes Land in Subsahara-Afrika in der Lage sein, Medikamentenresistenzen selbständig zu überwachen, ohne Proben international versenden zu müssen. Schließlich kann es keine Einheitslösung für einen ganzen Kontinent geben, auf dem es an verschiedenen Orten sehr unterschiedliche Malariaparasiten mit unterschiedlichen Resistenzen gibt. Gleichzeitig machen die Parasiten nicht an den Landesgrenzen halt. Hendrys Ziel ist daher eine umfassende Überwachung durch ein internationaless Netzwerk.

Ein weiter Weg

Doch der Weg dahin ist noch weit. Eine Herausforderung für die Forschenden in Afrika ist die Beschaffung von Reagenzien und Materialien. Durch Zwischenhändler sind Bestellungen teuer und langwierig. „In vielen Fällen ist die Lieferkette der zeitaufwändigste Part bei der Einführung einer routinemäßigen DNA-Sequenzierung“, sagt Hendry. Die Wissenschaftler*innen wollen sich diesen Problemen dennoch stellen: Würden die Forschenden weiterhin alle Proben verschicken, gäbe es keinen Anreiz, Lieferketten in afrikanischen Ländern zu verbessern und dadurch Ungleichheiten einzudämmen.

Die wichtigste Frage für die Zukunft ist jedoch, was aus den gesammelten Informationen folgt. Nur wenn entsprechende epidemiologische Entscheidungen gefällt und angemessene Gegenmaßnahmen zur Resistenzbekämpfung getroffen werden, kann der Ansatz erfolgreich sein. „In naher Zukunft werden wir die Malariabekämpfung mit Hilfe von Überwachungsmethoden wie unserem Ansatz anpassen“, erklärt Hendry.

Die Forschung Hendrys und Mwendas steht exemplarisch für die Notwendigkeit innovativer Ansätze und internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen Malaria. Wenn Forschende lokales Wissen mit technischer Innovation kombinieren, können sie wirksame Strategien zur Überwachung und Eindämmung resistenter Parasiten entwickeln. Gemeinsam können Forschende des globalen Südens und Nordens so dazu beitragen, die Ausbreitung von Malaria einzudämmen und Leben zu retten.

Zur Redakteursansicht