"Eine andere Arbeitsweise"

Interview mit Thumbi Ndung'u zur COVID-19 Situation in Südafrika

8. April 2020
Covid-19: Auch Wissenschaftler und Wissenschaftler*innen sind von der Pandemie und den Gegenmaßnahmen stark betroffen. Wir haben unsere internationalen Kooperationspartner kontaktiert um nachzufragen, wie die Situation ihre Arbeit beeinflusst und wie sie mit der Krise umgehen. In diesem Video spricht Max-Planck-Forschungsgruppenleiter Thumbi Ndung'u über die Maßnahmen in Südafrika und seine Forschungsansätze, um die Auswirkungen von COVID-19 auf HIV- und Tuberkulosepatienten zu verstehen.
<p>In Südafrika gilt seit dem 26. März eine allgemeine Quarantäne. Am Montag haben wir Thumbi per Videoanruf in Durban kontaktiert, um mit ihm über die aktuelle Lage zu sprechen.    </p>

In Südafrika gilt seit dem 26. März eine allgemeine Quarantäne. Am Montag haben wir Thumbi per Videoanruf in Durban kontaktiert, um mit ihm über die aktuelle Lage zu sprechen.    

https://www.youtube.com/watch?v=QrOf0EheSew

"Die Situation hier in Südafrika hat sich in den letzten zwei Monaten verändert. Angefangen hat es mit Information über Infektionen in anderen Ländern – da stand schon die Tatsache im Raum, dass COVID-19 sich auch in Sub-Sahara Afrika ausbreiten wird. Danach gab es erste Verdachtsfälle von COVID-19 in Südafrika, diese Fälle wurden bestätigt, dann stiegen die Zahlen rapide.

Zunächst wurde die Bewegungsfreiheit ein wenig eingeschränkt, Flugzeuge durften zum Beispiel nicht mehr in Südafrika landen. Der südafrikanische Präsident hat dann aber vor ungefähr zwei Wochen eine weitereichende Quarantäne angeordnet: Von dem Zeitpunkt an mussten allen zuhause bleibe.

Meine Arbeitsgruppe hatte aber bereits begonnen Projekte herunterzufahren, bevor die Abriegelung angekündigt wurde. Wir wollten unser Personal und unsere Patienten schützen. Als der Lockdown bekannt gegeben wurde, waren wir also schon vorbereitet.

Trotzdem wirkt sich die Quarantäne natürlich auf unsere Arbeit aus: Wir mussten alle Studien aussetzen. Geforscht wird nur an Projekten, die direkt mit COVID-19 zusammenhängen. Tatsächlich planen wir gerade einige Studien zu COVID-19. Wir haben die Anträge im Eiltempo bei der Ethikkommission vorgelegt und hoffen auf eine schnelle Bearbeitung. Wir wollen die COVID-19 Fälle in Durban untersuchen und mechanistische Studien durchführen, um besser zu verstehen, wie sich die Krankheit ausprägt. Vor dem Hintergrund unserer eigentlichen Forschung interessieren wir uns vor allem dafür, ob Menschen mit HIV oder TB besonders von einer Infektion mit COVID-19 betroffen sind.

Die HIV- und TB-Belastung in Südafrika ist sehr hoch. Wir befürchten, dass Menschen mit HIV oder TB einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein könnten – entweder darin sich anzustecken, oder schwerer zu erkranken. Noch ist das natürlich eine Hypothese, aber wir sind in einer einzigartigen Position, um dieser Frage nachzugehen. Gleichzeitig wissen wir, dass es in Afrika südlich der Sahara bisher nicht so viele Fälle gab wie beispielsweise in Europa: Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Fallzahlen auch hier steigen, oder verhält sich die Krankheitsausbreitung in Südafrika anders? Wir wollen versuchen, diese Fragen zu beantworten.

Obwohl ich hauptsächlich von zu Hause arbeite, stehe ich in engem Kontakt mit meinen Kollegen. Ich bereite im Moment vor allem unsere zukünftigen COVID-19 Forschungsprojekte vor. Es ist eine ganz andere Art, Dinge zu tun und zu arbeiten. Wir sind aber in einer vergleichsweise glücklichen Lage und können mit unseren Mitteln dazu beizutragen, diese Pandemie zu beenden. Wir hoffen natürlich, dass wir so schnell wie möglich wieder zur Normalität zurückkehren können.“

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